Geht man durch eine kubanische Stadt wird einem etwas auffallen. Warum sind vormittags wie nachmittags so viele Menschen unterwegs? Und wo sind eigentlich die großen Fabriken und Industrieanlagen, die eine so große Stadt wie beispielsweise Holguín doch bräuchte um all den Menschen eine Beschäftigung zu geben in einem Land in dem es keine Arbeitslosigkeit gibt?
Es gibt sie nicht. Oder nur wenige davon. Und die Menschen? Sie arbeiten kaum.
Laut Aussage der kubanischen Regierung gibt es fast keine Arbeitslosigkeit in Kuba.
Wieder ein schönes Beispiel, wie man eeine Statistik auf staatlichem Wege, mit statischer Festigkeit flexibilisieren kann. Arbeitet eine Person nämlich nur eine Stunde in der Woche wird sie schon als „Beschäftigter“ geführt. Der kubanische Weg der Arbeit sieht also so aus: Man geht auf Arbeit, mehr oder weniger pünktlich. In dem Kraftwerk, in dem man arbeitet schwatzt man mal mit dem Kollegen, mal mit einem anderen. Man kümmert sich, um etwas zu essen zu bekommen, redet wieder mit ein paar Freunden und geht nach Hause. Ob man nun wirklich gearbeitet hat, ist eigentlich nicht wirklich wichtig. Sein Gehalt bekommt man auch so. Und das Gehalt was man dafür bekommt spiegelt genau das wieder, was man am Tag gemacht hat. Nämlich nicht viel. Gerecht? Vielleicht. Aber in dieser Diskussion ob es gerecht ist, ist wieder die Frage von Henne und Ei anzuführen. Nur das hier die Frage recht schnell beantwortet werden kann. Der kubanische Arbeiter arbeitet nicht, weil er faul ist. Er bekommt nicht das Geld, obwohl er nicht arbeitet, sondern er arbeitet nicht, weil er kein Geld bekommt.
In den 80er Jahren ging es Kuba wirtschaftlich gesehen nicht schlecht. Man bekam sein Geld und konnte sich damit etwas kaufen. Die Periodo Especial folgte und die Preise stiegen. Der Lohn jedoch blieb der gleiche. Seit dieser Zeit haben sich die Preise zwar entspannt, sind jedoch nicht auf das alte Niveau zurückgegangen. Fazit: Das Geld was ein kubanischer Arbeiter bekommt reicht zum Leben keineswegs (siehe Rechnung „Mangel an Geld“). Also verbringen viele Leute ihre Zeit einfach damit etwas zu machen, was ihnen Spaß macht. Sie bekommen trotzdem Geld, mit dem sie aber nicht viel anfangen können. Stattdessen backen sie zuhause Kuchen, die sie dann verkaufen oder züchten Schweine, die sie schlachten und verkaufen.
Kurz, sie verdienen Geld. Schwarz. Illegal. Aber nötig.
Ein Bauer muss beispielsweise seine offizielle Ernte an den kubanischen Staat verkaufen. Für ein Pfund Kartoffeln bekommt er (angenommen) 0,5 Pesos. Der kubanische Staat verkauft dasselbe Pfund für 5 Pesos an die Bevölkerung weiter. Von den 0,5 Pesos kann der Bauer nicht leben und die 5 Pesos für die der Staat die Kartoffeln weiterverkauft sind zu teuer. Also verkauft der Bauer das Pfund doch lieber für 2 Pesos an die Bevölkerung. So stiehlt der Arbeiter doch lieber 100 Schrauben aus dem Betrieb und verkauft sie sinnvoll weiter. Das ist auch der Grund, warum an manchen Stellen viele Leute arbeiten. Wir haben Restaurants mit sechs Tischen und drei gerichten auf der Speisekarte gesehen, in denen drei Köche und sieben Kellnerinnen arbeiten. Von diesen bedienen zwei. Zwei machen sich die Nägel, eine steht an der Tür zum Speisesaal und zwei stehen draussen vor dem Restaurant und passen auf. Sie verdienen ca. 300 Pesos im Monat. Warum „arbeiten“ sie? Weil nach Dienstschluss vielleicht ein Hühnchen abfällt, ein Pfund Kartoffeln oder ein Kilo Reis. Die Restaurants gehören dem Staat. Mit dem Einkommen betrügt der Staat die Kellnerinnen.Die Kellnerinnen betrügen den Staat.
Die Kubaner glauben die Versprechungen des Staates nicht mehr, die Versprechungen Fidels, dass sie bald mehr Geld verdienen werden.
50 Jahre Revolution haben eine Realität geschaffen, in der sich legale Arbeit nicht mehr lohnt.
Dadurch entsteht allerdings ein tiefes Problem für die kubanische Gesellschaft. Dass die betrogenen Arbeiter in der Gegenwart nicht arbeiten wollen ist in Ordnung. Dass jedoch ihre Kinder dies lernen und sich fragen, warum sie denn in der Zukunft arbeiten sollen kann zum ernsthaften Problem werden. Setzt sich dieses Denken einmal in den Köpfen fest ist es innerhalb einer Generation nur schwer zu tilgen. Einer der Wege für diese Perspektivlosen kann der Weg in den Tourismus sein. Nicht als Animateur am Hotelpool sondern als Kleinkrimineller, der Ausländer mit gefälschten Zigarren überzeugen will oder als Prostituierte, die sich Ausländern für Geld, Uhren oder schicke Klamotten hingibt. Eine kubanische Gesellschaft, die stirbt.
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