Freitag, 27. März 2009

Alles, nichts und zweidimensionale Frösche.

Es ist witzig. Eigentlich gibt es hier alles, man muss nur die richtigen Leuten kennen und an den richtigen Schnüren ziehen, dann bewegt sich eine große Aparatur und gibt dem Schatzsucher ihr Geheimnis preis. Aber erst einmal zum Überblick. Wir sind nun seit gut acht Tagen in Kuba. Noch immer haben wir es nicht realisiert. Es ist noch nicht einmal wie Urlaub, es ist eher wie ein warmes Mittweida, nur dass man beschaut wird, als wäre man ein Außerirdischer. Das ist wirklich eines der wenigen Dinge, die ein wenig nervig sind. Weiß = Tourist, Tourist = Geld, Geld = andere Welt, andere Welt = schlecht. Aber gut damit muss man sich momentan noch abfinden. Unsere allgemeine Versorgungslage lässt sich mit “gut” beschreiben. Wir haben uns inzwischen soweit herumgefragt, dass wir wissen, wo es alles zu vernünftigen Preisen gibt, wir haben unsere Restaurants gefunden und haben uns arrangiert. Um dir mal eine Relation zu geben. Gestern waren wir mit einem Bekannten von der Uni essen. In einer Pizzeria. Auf der Karte gab es vier verschiedene Spaghettigerichte und fünf verschiedene Pizzas. Eins der Spaghettigerichte gab es nicht, ebenso zwei der Pizzas. Doch das ist normal hier. Gut die Pizzas waren nicht mir den deutschen Pizzas zu vergleichen. Ca. 20 Zentimeter Durchmesser, dicker luftiger Hefeteig, Tomatensauce und Käse. Vielleicht noch Schinken oder Huhn. Das wars. Die Spaghetti hier liegen qualitativ unter denen der Mensa. Das witzige ist wiederum, sie schmecken uns klasse. Es war ein richtiger Genuss. Die Preise sind lächerlich. Wir haben gestern für drei Vorspeisen, drei Hauptgerichte und sechs Desserts (die Menge der einzelnen Sachen ist um einiges kleiner als in Deutschland, siehe die Größe der Pizza) 1,50 Euro (umgerechnet) bezahlt. Die 35 Pesos entsprechen jedoch ca. Einem Zwölftel des Monatslohns eines Kubaners. Ein Kubaner kann ein solches Restaurant somit maximal einmal in zwei Monaten besuchen. Das ist die Sache, die uns uns schlecht fühlen lässt. Wenn wir mal eben 20 CUC (Euro, Dollar, alles derselbe Kurs) tauschen haben wir das Gehalt eines Spitzenverdieners in der Tasche. Wir fühlen uns zwangsweise wie die arroganten Schnösel, die hier auf den Putz hauen, aber was sollen wir machen. Wir leben hier in zwei Welten. Auf der einen Seite werden wir als Touristen angesehen, haben aber bei weitem nicht das Geld, wie die Touristen. Beispielsweise kostet eine Taxifahrt von Holguín nach Guardalavaca an den Strand 40 CUC. Für eine Touristenfamilie, die nur zwei Wochen in Kuba bleibt ein Klacks. Für uns ist es soviel Geld, dass wir damit den ganzen Monat jeden Abend in Holguin essen gehen könnten. (Bitte versteht “Essen gehen” nicht falsch. Es handelt sich hier um im deutschen Sinne Spelunken. Die meisten führen vier Gerichte auf der Karte: Brathuhn, Geräuchertes Huhn, Schweinesteak und zusätzlich Reis und Bohnen. Eine Portion kostet ca. 0,70 CUC, doch Qualität und Menge ist nicht mit Deutschland vergleichbar. Trotzdem ist es toll hier essen zu gehen. Es ist als würdest du irgendwo in den 50ern Essen gehen. Alles etwas antiquiert, die Bedienung unfreundlich (zu Unbekannten) und das Ambiente einfach klassisch.) Auf der anderen Seite sind wir Kubaner, dürfen jedoch kubanische Verkehrsmittel beispielsweise nicht legal benutzen. Wir reisen also permanent illegal, irgendwie improvisiert. Am Mittwoch sind wir nach Guardalavaca gefahren. Mit einem LKW. Er hat auf der Ladefläche eine improvisierte Passagierkabine und zuckelt mit gemütlichen 60 Sachen übers Land. Das Hinterland ist wie schon beschrieben unglaublich. Also, wer auf die Schönheit der Natur steht, für den ist Kuba ein absolutes Muss. Ganze Palmenwälder auf Halbkugelförmigen Hügeln, die im Morgennebel vor sich hinschwitzen.
Natürlich haben auch wir schon unsere touristischen schlechten Erfahrungen gemacht und herausgefunden, dass nicht alle Kubaner nur das Beste für einen wollen. Manche haben es auch einfach nur auf Profit angelegt. Holguín ist absolut keine Touristenstadt. Wir haben auf unseren täglichen Streifzügen bisher ca. 8 andere Weiße gesehen. Dementsprechend kann man sich vorstellen, wie wir hier auffallen. Dementsprechend kann man sich gleichfalls vorstellen, dass sich hier fast alle Zigarren-, Rum-, Souvenirverkäufer und Geldwechsler auf uns konzentrieren. Abends im Park eher lästig, aber auch inzwischen schon wieder recht lustig. Wir haben jetzte eine Masche entwickelt, bei der wir uns als Polen ausgeben und erklären, dass wir weder Englisch noch Spanisch sprechen. Das treibt die Herren Touristenfänger zum Wahnsinn. Und wir müssen uns arg zusammenreißen, bei unserem erfunden Polnisch nicht in Lachen auszubrechen. Unsere Wohnsituation ist immer noch recht gespannt. Das Wasser ist nur morgens eine Stunde, mittags eine Stunde und abends zwischen zehn und zwölf da. Wir haben also Vorräte angelegt. Außerdem haben wir inzwischen regen Kontakt mit der kubanischen Fauna. Als erster Vertreter des Willkommenskommittees begrüßte uns eine Eidechse im Speisesaal, die ihren Kopf hinter der Theke, auf der das Wassergefäß steht hervorstreckte. Die zweiten Gäste blieben nur kurz in unserer kleinen Wohnung. Es waren zwei Frösche. Wir bemerkten ihre Anwesenheit erst, als sie sozusagen schon wieder abgereist waren. Sie hatten die wenig schlaue Idee, sich in den Türrahmen unserer Balkontür zu setzen. Wer schaut schon in den Türrahmen seiner Balkontür, wenn er sie schließt....? Wir entdeckten ihre nun zweidimensionale Anwesenheit einen Tag später. Moskitos sind unsere ständigen Begleiter. Meist wachen wir morgens auf und bemerken, dass in unseren Moskitonetzen mehrere dieser Zeitgenossen sitzen. Auf dem Hinweg passten sie noch durch die Maschen. Auf dem Rückweg hatten sie ich jedoch schon so fett gesoffen, dass dieser Weg eine Einbahnstraße war. War haben schon überlegt, ob wir die Netze nicht als Schutz, sondern als Jagdwaffe nutzen sollten. Wir werden nun jeden abend unser Zimmer mit den Netzen durchstreifen, wie die Fischfangflotten den Nordantlantik. Seit zwei Tagen haben wir nun einen dreidimensionalen Frosch zu Gast, der sich langsam zur Problemkröte entwickelt. Er taucht aus dem Nichts auf und klebt oft mit seinen 15 Zentimetern Durchmessern an den unmöglichsten Orten. Gestern an der Klotür. Man kann sich das erschrockene Gesicht bei der Entdeckung vorstellen. Meines, wie auch das des Frosches. Wir haben beide nicht miteinander gerechnet. Allerdings verschwindet er meist in den Morgenstunden, sodass er oft nur hier übernachtet. Wir wissen allerdings noch nicht genau, wohin. Wir werden das mal beobachten. Heute hatte Rüd einen Amphibienfreund in seinem Bett. Eine kleine Eidechse steckte das Köpfchen aus seinem Schlafsack. Er lag allerdings nicht mit drin. Wir haben sie Lizzy getauft. Sie ist leider gerade verschwunden, aber ich denke, wir werden sie wieder sehen.
Kurzum: Uns geht es sehr gut hier, es ist oft echt lustig und unser Spanisch macht große Fortschritte.

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